Mit ihrem unter zahlreichen Pseudonymen veröffentlichten umfangreichen Oeuvre ist
June Newton (ehemals June Browne und besser bekannt unter dem Namen
Alice Springs) als Fotografin so schwer fassbar wie einflussreich. Die im australischen Melbourne geborene Newton strebte zunächst eine Laufbahn als Theaterschauspielerin an, bevor sie der Bühne den Rücken kehrte und mit ihrem Mann
Helmut Newton auswanderte. Obwohl sie ihre schauspielerischen Ambitionen hinter sich gelassen hatte, erweckte ihr neues Leben an der Seite eines der berühmtesten Modefotografen der Welt erneut ihr Interesse an Charakterstudien. Auf ihren gemeinsamen Reisen durch die ganze Welt übernahm June die Art-Direktion und Produktion von Helmuts Fotoshootings. Später wurde sie seine Kuratorin und Herausgeberin, so auch bei
TASCHENs Sumo-Titel über Helmut, der kürzlich, zehn Jahre nach Erscheinen, überarbeitet und aktualisiert wurde.
Die hochstilisierten und von vielen als kalt empfundenen Bilder Helmut Newtons geben oft Anlass zur Diskussion über die Präsentation von Frauen in der Modefotografie. June Newtons Aufnahmen könnten unterschiedlicher nicht sein. Über ihre Bilder wurde gesagt, dass sie eher Seele und Geist der abgebildeten Menschen einfangen als Glamour zu verbreiten. Als
Fotografin interessiert sie sich für die Psychologie ihres Geschlechts und fängt andere Frauen auf einfühlsame Weise mit der
Kamera ein. Dabei entsteht ein ehrliches und intimes Verhältnis zwischen Fotografin und Model. Newton begann ihre Karriere in der Modebranche mit Veröffentlichungen in
Vogue,
Elle,
Interview und
Vanity Fair, doch inzwischen widmet sie sich hauptsächlich der
Porträtfotografie. Dennoch hat sie keine Berührungsängste mit der Welt der Schönen und Reichen. Zu den Prominenten, die sich von ihr ablichten ließen, gehören u. a. William S. Burroughs, Anthony Burgess, Catherine Deneuve, Graham Greene, Roy Lichtenstein, Robert Mapplethorpe, Christopher Reeve, Diana Vreeland, Yves Saint Laurent, Brigitte Nielsen und Nicole Kidman.
Neben ihren
Porträts dokumentierte June Newton auch die
Punkszene der 80er-Jahre in L. A. und führte Regie bei dem Dokumentarfilm
Helmut by June von 1995, der aus ihren eigenen Videoaufnahmen, Schriften und Tondokumenten zusammengesetzt ist. Gemeinsam veröffentlichten die Newtons bei TASCHEN auch den
Bildband Us and Them, in dem sie ihre Arbeiten einander gegenüberstellen und ihre Sicht auf das Werk des jeweils anderen sowie auf ihre gemeinsame glamouröse Welt im Blitzlicht der Öffentlichkeit darlegen. Zu weiteren Publikationen von TASCHEN über June Newton gehört das
Buch Alice Springs. The Paris MEP Show, das 2016 zeitgleich mit einer großen Retrospektive in der Helmut Newton Foundation erscheint.